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Barrierefreiheit wird Pflicht – was das BFSG für Unternehmen jetzt bedeutet

01.07.2025

Seit dem 28. Juni 2025 ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Damit werden erstmals Unternehmen in Deutschland verpflichtet, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten – also so, dass diese auch von Menschen mit Beeinträchtigungen genutzt werden können. Das betrifft längst nicht nur große Konzerne, sondern potenziell jeden Anbieter, der sich mit seinem Angebot an Verbraucher richtet.

Worum geht es?

Das BFSG verpflichtet Unternehmen dazu, ihre Webseiten, Apps und bestimmte elektronische Schnittstellen so zu gestalten, dass sie den Anforderungen der EU-Norm EN 301 549 entsprechen – also barrierefrei im Sinne der gängigen Webstandards (vor allem der WCAG 2.1) sind. Das betrifft zum Beispiel:

  • Webseiten mit Buchungs-, Zahlungs-, Kontaktformular-, oder Login-Funktion
  • Apps, über die Verträge geschlossen oder Services abgerufen werden
  • Selbstbedienungsterminals (z. B. im Handel, ÖPNV oder Gesundheitsbereich)
  • Elektronische Dokumente oder Informationsportale, wenn sie aktiven Kundenkontakt ermöglichen

Wer ist betroffen?

Das Gesetz richtet sich an Unternehmen, die Produkte oder Dienstleistungen im B2C-Bereich anbieten. Reine Unternehmenswebsites, die nur informieren und keine Interaktionen ermöglichen, sind in der Regel nicht betroffen. Anders sieht es aus, wenn über die Webseite Termine gebucht, Dokumente ausgetauscht oder Verträge abgeschlossen werden können – in diesen Fällen greift das Gesetz.

Ausgenommen sind Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz unter € 2 Mio.  – allerdings nur bei Dienstleistungen, nicht bei bestimmten Produkten.

Was droht bei Nichtbeachtung?

Das BFSG sieht eine Marktüberwachung vor. Verstöße können mit Bußgeldern geahndet werden. Außerdem könnte eine neue Abmahnwelle drohen.

Was ist jetzt zu tun? 

  • Prüfen, ob das eigene Unternehmen betroffen ist.

Welche Angebote richten sich an Verbraucher? Gibt es digitale Interaktionen?

  • Bestandsaufnahme der Website, Apps und digitalen Schnittstellen.

Wo bestehen Hürden? Welche Seiten oder Funktionen sind relevant?

  • Technische Analyse nach EN 301 549 / WCAG 2.1.

Dies betrifft u.a. Navigation, Kontraste, Bedienbarkeit ohne Maus, Vorlesbarkeit für Screenreader.

Rechtliche Umsetzung

Dazu gehört auch eine sog. Barrierefreiheits-Erklärung, die auf der Webseite eingebunden werden muss – in vielen Fällen ergänzt um Hinweise in AGB oder Nutzungsbedingungen.

Barrierefreiheit ist kein Einmalprojekt – sondern ein Prozess

Wer glaubt, das Thema sei mit einem einmaligen Relaunch oder einem WCAG-Audit erledigt, wird vermutlich bald eines Besseren belehrt. Denn: Barrierefreiheit muss mitgedacht werden – dauerhaft. Und zwar immer dann, wenn Inhalte überarbeitet, neue Funktionen integriert oder bestehende Strukturen angepasst werden. In der Praxis empfiehlt es sich, das Thema wie einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu behandeln – ganz ähnlich wie man es aus dem Qualitätsmanagement kennt (PDCA-Zyklus).

  • Plan: Welche Anforderungen gelten? Was ist gesetzlich erforderlich? Welche Seiten, Funktionen und Medien sind betroffen?
  • Do: Technische und gestalterische Umsetzung – möglichst schlank, pragmatisch und im Zusammenspiel mit der Agentur oder IT.
  • Check: Testläufe mit Nutzergruppen, technische Überprüfungen (z. B. Navigation, Kontrastverhältnisse, Tastaturnavigation, Screenreader).
  • Act: Nachbessern, verbessern, dokumentieren – und vor allem: Verantwortlichkeiten klären. Wer prüft Änderungen künftig mit Blick auf Barrierefreiheit?

Ein solches Vorgehen wirkt vielleicht auf den ersten Blick etwas bürokratisch – in Wahrheit sorgt es aber dafür, dass Barrierefreiheit nicht zur Stolperfalle im laufenden Betrieb wird. Gerade in agilen Entwicklungsprozessen oder bei Content-getriebenen Websites ist das wichtig. Wer von Anfang an klare Zuständigkeiten definiert, vermeidet spätere Änderungen.

So können wir Sie unterstützen

Wir begleiten Unternehmen dabei, die Anforderungen des BFSG praxisgerecht umzusetzen. Das heißt: keine überbordenden Compliance-Papiere, sondern ein klarer Fahrplan. Oft genügt ein guter Überblick, verbunden mit technischer Unterstützung durch die Agentur oder IT-Abteilung. Unser Beitrag liegt in der rechtlichen Absicherung, der Bewertung von Risiken – und der Frage: Was muss, was kann, was sollte?

Gerade bei Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen oder Kundenkontakt über Apps und Plattformen lohnt sich jetzt ein genauer Blick. Wer sich frühzeitig kümmert, spart später Zeit und Geld – und verbessert ganz nebenbei auch die Nutzerfreundlichkeit des eigenen Angebots.

Wenn Sie Fragen haben oder unsicher sind, ob das BFSG bei Ihnen greift, können Sie gerne auf uns zukommen.