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Jüngste Entwicklungen zu Auskunftsanfragen nach Art. 15 DSGVO, insbesondere im Beschäftigungskontext in Deutschland

10.01.2025

Es ist immer üblicher geworden, dass Arbeitnehmer (insbesondere, wenn sie sich mit einer Kündigung auseinandersetzen müssen) Auskunftsanfragen nach Art. 15 DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) stellen und um Auskunft über die Einzelheiten der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten beim Arbeitgeber bitten.

 

Das Recht auf entsprechende Auskunft, ist in unserem digitalen Zeitalter zweifellos wichtig. Für Arbeitgeber können Auskunftsanfragen teilweise jedoch auch signifikante Herausforderungen mit sich bringen, die diese in einigen Konstellationen teils auch als unverhältnismäßig erachten könnten. Dies gilt insbesondere, wenn man auf der einen Seite die große Menge an Mitarbeiterdaten berücksichtigt, die zwangsläufig von Arbeitgebern verarbeitet werden - von denen viele nur von geringer Bedeutung sind - und auf der anderen Seite einige der Intentionen, die Mitarbeiter verfolgen, wenn sie solche Anfragen stellen.

Auskunftsanfragen werden in Deutschland häufig in Form von Nebenansprüchen im Rahmen von Kündigungsschutzklagen vor Arbeitsgerichten geltend gemacht. Nicht selten werden sie auch von Arbeitnehmern genutzt, um ihre Position bei der Verhandlung einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu stärken. Es wird derzeit von Arbeitsrechtlern spekuliert, dass etwa jede dritte Kündigungsschutzklage einen ergänzenden Auskunftsantrag enthalten könnte. Da immer mehr Arbeitnehmer Auskunftsanfragen stellen, werden künftig auch immer mehr Gerichte wertvolle Rechtsprechung in dieser Hinsicht liefern.

Bei näherer Betrachtung der bereits vorhandenen Rechtsprechung ergibt sich ein Bild, das zwar in gewissem Maße aufschlussreich ist, aber nicht allzu viele Schwarz-Weiß-Antworten bereithält.

So gibt es beispielsweise Entscheidungen, die es für ausreichend halten, dass bei der Stellung eines Auskunftsantrags im Rahmen eines Gerichtsverfahrens der genaue Wortlaut von Art. 15 DSGVO verwendet wird. Andere Gerichte haben jedoch entschieden, dass ein solches Kopieren und Einfügen zu einem unbestimmten Klageantrag führt und haben entsprechende Klagen daher wegen Unzulässigkeit abgewiesen (z. B. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Dezember 2021, 2 AZR 235/21, sowie Landesarbeitsgericht Sachsen, Urteil vom 17. Februar 2021, 2 Sa 63/20). Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass ein entsprechender Auskunftsantrag, der lediglich den Text des Art. 15 DSGVO wiederholt, im Allgemeinen nicht geeignet ist, einen konkreten Streit zwischen den Parteien rechtswirksam beizulegen. Entsprechende Auskunftsanträge müssen daher konkret formuliert werden und nicht lediglich die gesetzliche Bestimmung wiederholen, anderenfalls laufen sie Gefahr, vom Gericht zurückgewiesen zu werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in letzter Zeit im Zusammenhang mit prozessualen Auskunftsansprüchen diskutiert wurde, ist der der „Rechtsmissbräuchlichkeit“. So hat beispielsweise dasselbe Landesarbeitsgericht Sachsen entschieden, dass kein Anspruch besteht, sofern die Person letztlich nicht ihre nach der DSGVO gewährten Datenschutzinteressen wahrnimmt, sondern vielmehr sachfremde Zwecke verfolgt, wie z. B. Daten und Informationen zu sammeln, um andere, nicht datenschutzbezogene, Ansprüche geltend zu machen. Für Arbeitgeber ist es daher sehr wichtig, zu vermerken, was der Anspruchsteller als Grund und Zweck für die Geltendmachung des Auskunftsanspruchs vorbringt.

In anderen kürzlich erlassenen und wichtigen Urteilen ging es um die Frage, ob Art. 15 Abs. 3 DSGVO ausdrücklich das Recht auf Erhalt von Eins-zu-eins-Kopien der Dokumente, welche die personenbezogenen Daten enthalten, einräumt oder ob der für die Datenverarbeitung Verantwortliche (z. B. der Arbeitgeber) berechtigt ist, diese in einem anderen Format bereitzustellen, solange die in den Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten bereitgestellt werden. Hierzu gab es in letzter Zeit recht unterschiedliche Entscheidungen. Der Europäische Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass sich der Begriff „Kopie“ nicht auf ein Dokument als solches bezieht, sondern auf die darin enthaltenen personenbezogenen Daten, die vollständig sein müssen (Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 4. Mai 2023, C-487/21). Dementsprechend besteht das Recht auf Erhalt von Kopien ganzer Dokumente nur, wenn die Bereitstellung einer solchen Eins-zu-eins-Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch die DSGVO verliehenen Rechte zu ermöglichen.

Zu guter Letzt wurde in der Vergangenheit auch eine wichtige Vorfrage bereits gerichtlich entschieden. Nämlich ob die einmonatige Frist (nach Art. 12 Abs. 3 S. 1 DSGVO) für die Beantwortung von Auskunftsanfragen überhaupt zu laufen beginnt, wenn die Person, die die Auskunftsanfrage im Namen der betroffenen Person stellt (z. B. ein Rechtsanwalt), keinen ausreichenden Nachweis für die Ermächtigung hierzu durch die betroffene Person vorgelegt hat. In diesem Zusammenhang haben sich sowohl das Oberlandesgericht Stuttgart als auch das Amtsgericht (Berlin)-Mitte mit der Frage befasst, ob ein Rechtsanwalt, der eine Auskunftsanfrage im Namen seines Mandanten/seiner Mandantin einreicht, eine (Original-)Vollmacht vorlegen muss, damit die einmonatige Frist zu laufen beginnt (Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021, 9 U 34/21 und Amtsgericht (Berlin)-Mitte, Urteil vom 29. Juli 2019, 7 C 185/18). Die Gerichte kamen zu dem Schluss, dass eine entsprechende Vollmacht vorgelegt werden muss, um den Lauf der Frist zu starten.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Auskunftsanfragen (insbesondere von Arbeitnehmern gegenüber ihren Arbeitgebern) sicherlich auch in Zukunft ein zunehmendes Streitfeld sein werden und damit sowohl inländische Gerichte als auch Datenschutzbeauftragte, die sich mit solchen Anfragen auseinandersetzen, auch in Zukunft vermehrt beschäftigen werden. Je mehr Gerichtsentscheidungen wir sehen, desto klarer sollte das Bild sowohl in Bezug auf die Datenschutzrechte des Arbeitnehmers als auch hinsichtlich der Interessen des Arbeitgebers werden, nicht verpflichtet zu sein, unzumutbare Anstrengungen zu unternehmen, um solchen Anfragen nachzukommen.