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Stabilisierung nach EnSiG als Option für kleinere Energieversorger?

15.07.2022, News

Das neue EnSiG ist seit dem 12.07.2022 in Kraft. Ein Antrag von Uniper nach § 29 EnSiG ist bereits gestellt, man munkelt, dass andere große Gasversorger folgen.

Nun steht die Aussage im Raum, dass es zwar keinen Bundesrettungsschirm für (insb. kommunale) Energieversorger geben wird, Stabilisierungsmaßnahmen nach § 29 EnSiG aber ggf. geprüft werden könnten. Doch für wen kommen solche Maßnahmen überhaupt in Frage?

Nach § 29 Abs.1 EnSiG kann ein Unternehmen, das selbst oder durch verbundene Unternehmen im Sinne von § 15 des Aktiengesetzes Kritische Infrastrukturen im Sinne von § 2 Absatz 10 des BSI-Gesetzes im Sektor Energie betreibt, beim Bund Stabilisierungsmaßnahmen beantragen. Kritische Infrastrukturen sind Einrichtungen, Anlagen oder Teile davon, die

1. den Sektoren Energie, Informationstechnik und Telekommunikation, Transport und Verkehr, Gesundheit, Wasser, Ernährung, Finanz- und Versicherungswesen sowie Siedlungsabfallentsorgung angehören und

2. von hoher Bedeutung für das Funktionieren des Gemeinwesens sind, weil durch ihren Ausfall oder ihre Beeinträchtigung erhebliche Versorgungsengpässe oder Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit eintreten würden.

Sie werden durch die Verordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz (BSI-KritisV) näher bestimmt.

Das klassische Stadtwerke-Geschäft, die Versorgung der Allgemeinheit mit Strom, Gas und Wärme, gilt nach dieser Verordnung als kritische Dienstleistung. Ob aber auch eine Kritische Infrastruktur (im Sinne von § 2 Abs. 10 BSI-Gesetz und § 29 Abs. 1 EnSiG) vorliegt, bestimmt sich nach Schwellenwerten in einem Anhang (hier nur auszugsweise Beispiele):

Für Stromerzeugungsanlagen liegt der Schwellenwert beispielsweise bei einer installierten Nettonennleistung von 104 MW bzw. 38 MW, wenn die Anlage für Primärregelleistung präqualifiziert ist. Schwarzstartanlagen sind ohne Leistungsgrenze Kritische Infrastruktur.

Bei der Stromverteilung ist die Schwelle mit 3700 GWh/a entnommener Arbeit für viele Versorger nicht erreichbar.

Bei der gerade im Fokus stehenden Gasversorgung sind Verteilernetze mit einer Jahresarbeit von 5190 GWh/a relevant.

In der Fernwärmeverteilung müssten 250 000 Haushalte versorgt werden.

Im Ergebnis wird sich die Frage nach Stabilisierungsmaßnahmen also für große Energieversorger stellen. Kleinere kommunale Unternehmen müssen abwarten, ob und wie auf Landesebene agiert wird.

 

Wie wirken Stabilisierungsmaßnahmen?

Stabilisierungsmaßnahmen im Sinne des Gesetzes sind alle Maßnahmen, die der Durchfinanzierung oder der Behebung einer insolvenzrechtlichen Überschuldung des Unternehmens dienen. Das können zum Beispiel Darlehen oder Patronatserklärungen des Bundes sein oder eben auch eine Kapitalbeteiligung des Bundes an dem betreffenden Unternehmen, zum Beispiel durch eine Kapitalerhöhung. Wichtig: nach dem Gesetz sind alle diese Stabilisierungsmaßnahmen insolvenzfest, sollte später das Unternehmen also dennoch in die Insolvenz gehen, wird der Bund als Finanzierer genauso behandelt wie alle Insolvenzgläubiger und ist nicht nachrangig. Sind zwischenzeitlich Rückzahlungen eines Darlehens an den Bund erfolgt, sind diese Rückzahlungen nicht anfechtbar. Das bedeutet, dass die bisherigen Eigentümer und Geldgeber nicht nur während der Stabilisierungsmaßnahme sondern auch später nicht bevorzugt behandelt werden.