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High Protein Trend – Was Hersteller bei der Produktkennzeichnung beachten sollten

08.01.2024, News

Sind Sie gut ins neue Jahr gestartet? Und halten Sie sich noch an Ihre guten Vorsätze? Wie etwa mehr Sport und eine gesündere Ernährung?

Dazu gehört oftmals auch eine besonders proteinreiche Ernährung. Dieser Trend kann Lebensmittelhersteller allerdings vor einige Herausforderungen stellen, wenn sie mit dem Claim „High Protein“ auf ihren Produkten werben wollen. So haben sich zwei Gerichte kürzlich mit der Frage nach der Zulässigkeit der isolierten Kennzeichnung der Gesamtproteinmenge außerhalb der Nährwerttabelle bei „High Protein“- Produkten beschäftigt.

Wie die Gerichte ihre Entscheidung begründen und was das für die entsprechende Produktkennzeichnung bedeutet, erläutert die Leiterin der Praxisgruppe Healthcare & Life Sciences, Katja Hoos. 

Gesetzliche Anforderungen an die Lebensmittelindustrie

Diente die Angabe von Nährwerten ursprünglich der Verbraucherinformation, so erfüllt sie inzwischen vermehrt den Zweck, auch mit gesundheitsbezogenen Eigenschaften des Lebensmittels zu werben. Um die Verbraucher vor Irreführung zu bewahren, hat die EU  die sog. Health-Claims Verordnung (HCVO) eingeführt. Diese legt europaweit einheitliche Anforderungen für die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben auf Produktverpackungen sowie in der Werbung fest. Überdies gilt in der EU die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) (EU) Nr. 1169/2011. Sie normiert die allgemeinen Grundsätze, Anforderungen und Zuständigkeiten für die Information über Lebensmittel und insbesondere für die Kennzeichnung von Lebensmitteln. In Deutschland ergänzt die nationale Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung (LMIDV) die europäischen Verordnungen.

Der Claim „HIGH PROTEIN“ auf einem Lebensmittel ist nach der HCVO nur zulässig, wenn der Proteinanteil mindestens 20 Prozent des gesamten Brennwerts des Produkts ausmacht. Liegt der Wert unter 20 Prozent aber bei mindestens 12 Prozent, darf das Lebensmittel noch den Claim „Proteinquelle“ verwenden.  Unternehmen müssen vorverpackte Lebensmittel mit einer Nährwertdeklaration (sog. „Big Seven“ u.a. Kohlenhydrate, Fett und Protein) kennzeichnen. Zur besseren Vergleichbarkeit müssen die Nährstoffgehalte immer bezogen auf 100 Gramm (g) oder 100 Milliliter (ml) angeben werden.

Milchreis und Grießpudding vor deutschen Gerichten 

Ein Verfahren des LG Heilbronn (Urt. v. 06.07.2023, Az. 21 O 7/23) betraf einen Fall, in dem ein Hersteller für seinen Grießpudding mit dem Schriftzug „40G1 Protein“ auf dem Deckel und Seitenetikett warb. Aus der Fußnote am unteren Becherrand ergab sich, dass die 40g eine Angabe „1 Pro Becher (500g)“ darstellten. In einem anderen Verfahren vor dem LG München (Urt. v. 28.07.2023, Az. 37 O 14809/22) hatte der Hersteller seinen Milchreis mit der Kennzeichnung „14g Protein*“ auf dem Deckel des Bechers und am Seitenetikett mit „* 14g Protein pro Becher“ bedruckt.

In beiden Fällen hatten die Hersteller den Gesamt-Proteingehalt des Produktes in Gramm somit getrennt von der verpflichtenden Nährwertdeklaration angegeben. Beide Gerichte sahen in der getrennten Angabe einen Verstoß gegen § 30 der Lebensmittelinformationsverordnung LMIV in Verbindung mit § 3a Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).

Nach dem Wortlaut des § 30 Abs. 3 LMIV dürfen lediglich der Brennwert oder der Brennwert zusammen mit den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker und Salz auf der Verpackung isoliert wiederholt werden.

Damit haben beide Gerichte der nicht rechtsverbindlichen Stellungnahme des ALS (Arbeitskreis Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit), der eine getrennte Angabe für zulässig ansieht, widersprochen.

Die Argumentation der Gerichte: Verbraucherschutz ohne Nachrechnen 

Beide Gerichte argumentieren zudem, dass die erwähnten Aufschriften auf Grieß- und Milchbrei den Verbraucher schlecht informiere. Die Angabe der absoluten Proteinmenge des Produkts sei für den Verbraucher verwirrend. Interessiere den Verbraucher der gewichtsmäßige Anteil an einer bestimmten Menge des Produkts oder wolle er eine Beziehung zum Gesamtinhalt der Handelseinheit herstellen, dann müsse er selbst eine Berechnung anstellen. Die isolierte Angabe der absoluten Proteinmenge  animiere den  Verbraucher zudem nach dem Produkt mit der höchsten (Gesamt-) Proteinmengenangabe zu greifen.

Beide Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig Die Entwicklung dieser Thematik sollten Lebensmittelhersteller dennoch aufmerksam beobachten und ihre Kennzeichnungen frühzeitig rechtlich prüfen lassen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass diese Frage zunächst beim BGH und am Ende eventuell auch beim Europäischen Gerichtshof landet.

Haben Sie Fragen zu dem Thema? Die Leiterin der Praxisgruppe Healthcare & Life Sciences, Katja Hoos (katja.hoos@schalast.com), berät Sie gerne!